www.schuldner-hilfe.at > Fachtagung 2014 - Inhalte
.

Fachtagung 2014 - Inhalte

Nachstehend möchten wir Ihnen eine kurze inhaltliche Übersicht über die Vorträge der Fachtagung 2014 geben. Nähere Informationen zu unseren ReferentInnen finden Sie unter dem Menüpunkt ReferentInnen.

 

Robert Misik: „Die Verlockung zum Konsum"

Kaufen und Konsumieren nehmen eine zentrale Rolle in unserem Gesellschaftssystem ein: als "Konsumnachfrage" ist das Kaufen ohnehin der Kraftstoff, der die globale Marktwirtschaft am Laufen hält. "Kauft ein!", rufen deshalb Politik und Wirtschaft den Bürgern zu. Mit dem, was sie einkaufen, drücken die Menschen aber auch ihren Lifestyle aus, ihr Ich, das was sie sein wollen: "Ich kaufe, also bin ich." Man schmückt sich mit Produkten, die zu einem - scheinbar - passen. Aber auch der gesellschaftliche Status, den man hat oder haben möchte, wird mit Produkten markiert. Unsere ganze Welt ist eine große Ökonomie von Haben und Zeigen. Niemand kann sich dem entziehen und die allermeisten wollen es auch nicht. Doch das Ergebnis ist eine Totalökonomisierung, selbst der privatesten und intimsten Angelegenheiten ("Wer will ich sein? Welche Identität will ich zum Ausdruck bringen?"), Konkurrenz und ein Laufen im Hamsterrad, zunehmender Stress und der Zwang, mit anderen mithalten zu wollen. Verschuldung und Überschuldung privater Haushalte ist nur eine, aber eine der schwerwiegendsten Folgen dieser sozialen Phänomene.

 

Prof.in Bernadette Kamleitner: „Die Macht gedanklicher Brücken: Kosten und Nutzen richtig spüren"

Wenn es um Kaufentscheidungen geht, wird vielfach angenommen, dass Menschen die Kosten und Nutzen einer Alternative vergleichen. Überwiegen die Nutzen wird die Alternative gewählt. Soweit die Theorie. Um Kosten und Nutzen gegeneinander abzuwägen, muss in erster Instanz eine gedankliche Brücke zwischen diesen erstellt werden. Unsere Forschung zeigt, dass diese Brücke bei weitem nicht immer gebaut wird. Vor allem ist diese Brücke oft nicht zweispurig befahrbar. Während eine Verbindung von den Kosten zum Nutzen („ich zahle nicht sondern investiere") relativ leicht fällt, gibt es kaum „Gegenverkehr". Die Konsequenz ist, dass der Nutzen nicht an die Kosten erinnert und genossen werden kann, als hätte es keinen Zahlungsschmerz gegeben. Der Vortrag widmet sich zweier Fragen: Welche Konsequenz haben einspurige oder fehlende gedankliche Brücken für Konsumerlebnis und -verhalten? In wie weit ist das Fehlen gedanklicher Brücken ein Resultat der individuellen Person und des Umfelds in dem diese sich bewegt?

 

Axel Dammler: „Zielgruppe Kind: Zwischen Konsumautonomie und Konsumzwang"

Sind Kinder hilflose Opfer der Industrie oder selbstbewusste Marktteilnehmer? Der Vortrag beantwortet diese Frage aus der Sicht eines Konsumforschers, der seit 20 Jahren täglich mit Kindern und Jugendlichen arbeitet – und das meistens im Auftrag großer Markenartikler. Axel Dammler beleuchtet dabei auch die Mechaniken, mit denen Werbung und Verpackungen arbeiten. Er zeigt, warum diese so erfolgreich sind und bezieht Stellung zu Verboten und Einschränkungen.

 

Prof. Thomas Mohrs: „Zuvielisationskritik – oder wieso weniger mehr ist"

Ausgehend von einigen anthropologischen Überlegungen zu den Ursachen der „Zuvielisation" werden zentrale Aspekte der konsumistischen Lebensform diskutiert und problematisiert. Dabei werden – im Sinne Erich Fromms – Konsumismus und „Zuvielisation" als Zustand der materialistischen Entfremdung und Unmündigkeit kritisiert, der letztlich nur dem goldenen Kalb der Profitmaximierung dient („Profit over People!") und in dem Menschen zu Spielfiguren im großen Monopoly der Konzerne degenerieren. Zudem birgt die „Zuvielisation" sehr konkrete Gefahren, nicht zuletzt im Hinblick auf die Grenzen natürlicher Ressourcen des Lebens und Überlebens. Auf der Grundlage der Lust-Philosophie Epikurs werden anschließend Argumente für eine entspanntere Haltung des „Weniger ist mehr!" präsentiert, die u. a. auf der Überzeugung beruht, dass bewusster und verantwortungsvoller Konsum keine Frage der „Moral" ist (jedenfalls nicht primär), sondern eine Frage des mittel- und längerfristig kalkulierten Eigeninteresses – und vor allem auch eine Frage des lustbetonten, genussvollen Lebens.